Über die Vielfalt, die Beziehung zu Gott zu gestalten

Oliver Schippers bietet seit Jahren Seminare an, in denen die Teilnehmer über ihre unterschiedlichen geistlichen Stile miteinander in ein erstes Gespräch kommen. Was zunächst einmal unscheinbar und selbstverständlich erscheint, kann der Beginn tiefgreifender Veränderungsprozesse sein. Hier sein Erfahrungsbericht über einen Geistliche-Stile-Workshop in der Katholischen Kirche.

Von Oliver Schippers

Eingeladen wurde ich vom Pfarrgemeinderat einer Katholischen Seelsorgeeinheit. An diesem Wochenende sollte es nicht um inhaltliche Ziele für die pastorale Arbeit gehen, Haushaltsplanung und Strukturdebatten keine Rolle spielen. Geplant war ein Wochenende, an dem es darum ging, wie die Einzelnen ihre Beziehung zu Gott gestalten, um sich persönlich zu begegnen und um voneinander zu lernen. "Ein Wochenende, an dem die Pfarrgemeinderäte im Mittelpunkt stehen", so wurde ich vorab gebrieft.

Freitagabend: Wir saßen in einem großen Kreis. Fast 30 Personen voller Erwartung, worum es an diesem Wochenende konkret geht. Und ich war gespannt, wie gut es gelingen wird, eine Atmosphäre zu schaffen, in der sich die Teilnehmer öffnen, Vertrauen in die Gestaltung des Wochenendes gewinnen und sich auf einen gemeinsamen Dialog einlassen. Denn nicht ich wollte durch starke Impulse das Wochenende inhaltlich gestalten, sondern die Erfahrungen der Teilnehmenden mit Gott sollten das Wochenende prägen.

Ein gegenseitiges Interview

Begrüßung durch den Pfarrer, Vorstellen meiner Person, kurzer biblischer Impuls und dann hatte ich die erste Herausforderung für die Gruppe:

Die Teilnehmer interviewten sich gegenseitig. "Investigativ" und wertschätzend "erforschten" sie eine Situation, die das Gegenüber als geistlich stärkend erlebte. Warum wurde dieses Erlebnis als glaubensstärkend empfunden? Was war das konkret Positive? In welcher Rolle war die Person in dieser Situation? – Und das bitte nicht allgemein, sondern erklärt an ganz konkreten Beispielen. Nach 10 Minuten wurden die Rollen gewechselt, die gerade befragte Person war nun der Interviewer.

Nach den Interviews bildeten immer zwei Paare zusammen eine Gruppe. Man stellte gegenseitig das Gehörte vor und entschied sich für eine Story, die man im Plenum erzählte.

Der Drei-Farben-Ansatz

Gott offenbart sich uns Menschen als Schöpfer, als Jesus und als Geist. Menschen sind unterschiedlich empfänglich für diese "Anreden Gottes", finden einen eigenen Stil, die Beziehung mit Gott zu gestalten. In dem Buch "Die 3 Farben Deiner Spiritualität" beschreibt Christian A. Schwarz neun Stile, wie Menschen ihre Beziehung mit Gott erleben, aber auch wie sich diese Stile einander befruchten und ergänzen.

Ohne die einzelnen Erlebnisse und Geschichten zu werten und einzuordnen, stellte ich den trinitarischen Ansatz vor und erläuterte anhand der Grafik, was für eine großartige Buntheit im Miteinander vorhanden ist.

Für manche Menschen ist es wichtig, die Wahrheit zu erkennen. Andere fühlen sich Gott dann besonders nah, wenn der Raum und die Atmosphäre stimmen. Gutes tun, Glauben praktisch werden lassen ist für eine dritte "Wertefamilie" im Zentrum.

Nach einer Vorstellung der "Wertefamilien“ ordnete sich jeder Teilnehmer der Gruppe zu, in der er/sie am natürlichsten die eigene Spiritualität ausdrückt. Welche gemeindlichen Aktivitäten sind diesen Menschen besonders wichtig? Welche Aktivitäten im Gottesdienst schätzen sie besonders? Wie gestalten sie ihren Glauben im Alltag? – Sehr schnell waren die Teilnehmer miteinander im Gespräch und sammelten, was für sie in der Gestaltung der Beziehung zu Gott von zentraler Bedeutung ist.

Der ganze Reichtum, aber auch Spannungen und Unterschiede wurden deutlich, als die Gruppen einander vorstellten, was sie zusammengetragen haben. Stand für die einen die Predigt und Lesungen im Gottesdienst im Zentrum, war anderen die Raumgestaltung oder die Atmosphäre besonders wichtig. Einigen fiel es eher schwer, auszudrücken, wie sie ihren Glauben im Alltag leben, andere gaben Zeugnis, wie ihr Engagement in sozialen Arbeiten ihnen persönlich Kraft im Glauben gibt.

Den eigenen Stil praktisch ausdrücken

Wir haben nicht nur viel geredet. Nach der Mittagspause wurde es praktisch. Für jede Gruppe war eine Übung vorbereitet, die zur eigenen Art und Weise passt, den Glauben auszudrücken (so weit das bei drei Gruppen möglich ist). In einer Gruppe hat man einander die Hände gewaschen und gecremt. In der zweiten Gruppe haben die Teilnehmer einander gesegnet. Und in der dritten Gruppe wurde ein Bibeltext "erfahren", d.h. nicht einfach nur gelesen, sondern anhand konkreter Schritte reflektiert, welche Wirkung die Worte auf einen persönlich haben.

"Diese Vielfalt müssten wir viel stärker in unseren gemeindlichen Alltag integrieren", war ein Statement in der letzten Runde, in der wir miteinander überlegten, was die Konsequenzen aus dem gemeinsam Erlebten und Gehörten sind. Die Idee war, Vielfalt nicht nur wertzuschätzen, sich im Miteinander nicht nur auf den "kleinsten gemeinsamen Nenner" zu begrenzen, sondern Wege zu gehen, um voneinander zu lernen.

Ich würde mein Fazit mit "vielen leuchteten Augen" überschreiben. "Wir haben noch nie so tief über Glauben gesprochen", sagte ein Teilnehmer in der Schlussrunde. Es haben sich in einem Gremium, das viel Sacharbeit miteinander leistet, Herzen einander zugewandt und Menschen neu entdeckt, was der Grund und auch der Zweck so mancher anstrengenden Sitzung im Pfarrgemeinderat ist: "Kirche ist der Ort, an dem Menschen in der Beziehung zu Gott miteinander auf dem Weg sind."

Oliver Schippers leitet die Arbeit des Instituts für Natürliche Gemeindeentwicklung in Deutschland und Österreich. Zu seinen Aufgaben gehört neben der Aus- und Weiterbildung von Gemeindeberatern auch die Praxisbegleitung von Kirchengemeinden in Veränderungs- und Fusionsprozessen. Einer der Schwerpunkte seiner Arbeit ist die Gestaltung von Perspektivprozessen und Moderation von Zukunftskonferenzen als Großgruppenveranstaltungen.

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